Schulzeitung interviewt Handballprofi Niclas Ekberg

Für das Redaktionsteam von CARLCHEN wurde es aufregend. Die Nachwuchsredakteure hatten beim Schülerzeitungswettbewerb den zweiten Platz belegt und reisten nach Kiel, um ein exklusives Interview mit dem schwedischen Nationalspieler Niclas Ekberg zu führen.

„Echt? Der Rekordtorschütze?“ So lautete die ungläubige Reaktion von den Handballexperten in der CARLCHEN-Redaktion, als wir erfuhren, welchen Profisportler wir aufgrund unseres 2. Platzes beim Provinzial Schülerzeitungswettbewerb interviewen durften.
Richtig; Niclas Ekberg, Nationalspieler, mehrfacher Deutscher Meister, Torschützenkönig bei den Olympischen Spielen, der Champions League und beim THW!

Mit einem ganzen Fragenkatalog im Gepäck ging es für uns daher kurz nach den Herbstferien in die Halle des THW-Leistungszentrums nach Kiel.
Vor Ort wurde uns klar, wie viel von dem, was den Handball beim THW ausmacht, nicht im Fernsehen zu sehen ist: eine separate Halle für die Jugendarbeit, in die wir einen Blick werfen und Nachwuchssportler beim Training sehen konnten, lange Gänge mit sichtbaren Zertifikaten und Auszeichnungen, labyrinthartige Flure, die uns nur mutmaßen lassen, wie viel Logistik, Organisation und Verwaltung ein solch großer Verein mit sich bringt. Und natürlich den Trainingsbereich der Profisportler, zu dem ein großer und umfassend ausgestatteter Kraft- und Fitnessraum gehört. Wie wir erfuhren, ist eine solche Ausstattung ein entscheidendes Attraktivitätsmerkmal für einen Verein aus Sicht eines Profisportlers.
Als Besonderheit konnten wir auch die Laufbahn, die sich über eine Länge von 75m innerhalb der Trainingshalle erstreckt, bewundern. Wie viel Training auch ohne Ball in der Hand für Profihandballer erforderlich ist und wie viel Schweiß sie in diesen Räumen lassen müssen, wurde für uns so erst erlebbar.

Auch wenn die Räumlichkeiten uns beeindruckten, saß die andere „Faszination“ schon in der Halle und zog all unsere Aufmerksamkeit auf sich…Niclas Ekberg!
Und dann kam der Höhepunkt des Tages: Der Handballprofi machte es sich mit uns mitten in der Trainingshalle in einem Stuhlkreis gemütlich und stellte sich über eine Stunde lang unseren unzähligen Fragen.
Zuerst waren wir noch etwas schüchtern, sitzt man doch selten einer so bekannten Sportlerpersönlichkeit gegenüber und wird erwartungsvoll angeblickt. Nach kurzer Zeit ließ uns „Eki“ durch seine authentische und offene Art jedoch unsere Nervosität vergessen und ab dann wollten wir es ganz genau wissen: Ist man als Handballprofi eigentlich noch nervös? Welche Rituale verhelfen zum Sieg? Und: Darf man auch mal naschen?
Die wichtigste Frage beantwortete uns der Profi gleich zu Beginn: Warum eigentlich Handball? „Fußball ist mir einfach zu kalt“, gab er zu und erntete dafür ziemlich viel Gelächter. Zudem sei sein Heimatort, Ystad in Schweden, recht bekannt für Handball und hätte bereits viele Nationalspieler hervorgebracht. Wir hakten jedoch noch genauer nach: Was mag er denn an dem Sport? Ekberg überlegte nicht lange: An Handball schätze er, dass es ein Mannschaftssport sei und man gemeinsam feiern könne, wenn etwas geleistet wurde. Und was sind echte Gänsehautmomente? Für den Sportler ganz klar: Der Augenblick des Einlaufens, „wenn die Arena kocht“.
Besonders neugierig waren wir natürlich auf Ekbergs jüngsten Erfolg: Anfang Oktober wurde er mit sagenhaften 1333 Toren THW-Bundesliga-Torschützenkönig! Und wie fühlte sich das an? „Eki“ zeigte sich bescheiden und berichtete, dass er das „gar nicht so richtig auf dem Schirm hatte“, für ihn seien Siege viel wichtiger als Tore. Als dann aber die Arena „explodierte“, erzählte er uns weiter, konnte er nicht aufhören zu lächeln.
Wie ehrgeizig der Sportler tatsächlich ist, verriet er uns schließlich auch, denn er gab offen zu: Selbst beim Training müsse er immer gewinnen. „Ich bin einfach nie satt!“, erklärte er uns. Und das lässt sich auf eine weitere Leidenschaft von ihm, das Kochen, übertragen, denn auch hier dürfe ihn niemand übertrumpfen: „Ich koche die beste Spaghetti Carbonara, das kann niemand so wie ich!“ Klar also: In der Küche und auf dem Spielfeld will er wirklich abliefern. Etwas verlegen ergänzte Ekberg: Wenn ein Torwart ihn aufhalten wolle, „muss er  schon was Besonderes machen“.
Trotz seines Ehrgeizes zeigte Ekberg sich sicher, dass der Erfolg ihm nicht zu Kopf gestiegen ist: „Meine Kumpels aus Schweden sagen immer: Ich bin noch der alte Niclas!“.

Wie bodenständig der Profi tatsächlich ist, bewies er uns auch im Interview. Neben seinen Erfolgen erzählte er uns nämlich auch ehrlich und ausführlich von seinen Niederlagen und seinen Zweifeln in schweren Zeiten, wie etwa die mit einem Tor verpasste Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2012 oder seine Fußverletzung kurz vor den Olympischen Spielen 2016. Dabei zeigte er sich jedoch stets optimistisch: Statt der diagnostizierten Zwangspause von 12 Wochen stand er nach 8 Wochen wieder auf dem Platz. „Also auch ein Erfolg!“
Wir interessierten uns außerdem besonders für den sportlichen Alltag des Handballers. Überraschend dabei für uns: Niclas Ekberg erklärte, dass er kein spezielles Glücksritual vor dem Spiel hätte, sondern stattdessen die anderen Spieler beobachtete.
Gerade unsere CARLCHEN-Mitglieder, die selbst Handball spielen, hofften natürlich auf entscheidende Tipps vom Vollprofi. Und der riet dazu, nie den Spaß aus den Augen zu verlieren, sowohl beim Spiel als auch bei Training. Die lange Corona-Zwangspause für den Handballnachwuchs betrachtete er sogar als Chance: Pausen, so erläuterte er, verschafften Zeit, über das eigene Spiel nachzudenken und sich zu reflektieren. „So habe ich das noch nicht gesehen!“, gab unser Redaktionsmitglied Mick, auch Handballer, zu.
Und auch privatere Fragen von uns brachten den Sportler nicht aus der Fassung: Hobbies? Golf. Aber hier käme ihm der Handball doch in die Quere: „Hab oft zu viel Kraft, da geht der Ball dann gerade in den Wald.“ Gewünschte Superkraft? „Teleportieren.“ Lieblingstier? „Absoluter Hundemensch. Meine Frau und ich haben uns einen West Highland Terrier geholt, als erste gemeinsame Aufgabe vor den Kindern!“ Kulinarische Schwäche? „Süßigkeiten. Unter 1 kg geht nichts!“ Zudem fehlten Deutschland eindeutig Süßigkeitenläden, empörte sich der Torschützenkönig. Und wie steht’s mit seinen Sprachkenntnissen, wollten wir wissen, wenn er so international unterwegs ist? Ekberg spricht Schwedisch, Dänisch, Englisch, Deutsch und Spanisch – aber letzteres nicht so richtig. Und gebracht hat es ihm nicht so viel, sagte er im Nachhinein. Denn: Er habe in der Schule Spanisch gelernt, weil er fest überzeugt war, später mal für Spanien zu spielen. „Und dann? Spanische Liga rutschte runter, dann ging es für mich nach Deutschland, ohne irgendwelche Deutschkenntnisse, eine Katastrophe!“
Klar war aber für Niclas Ekberg: „Ich lebe gerade mein Traumleben!“ Und wie soll es in diesem Leben später einmal weitergehen, wollte Maximilian von ihm wissen. Auch hier zeigte Ekberg sich bescheiden. Eine Trainerkarriere begeistere ihn aktuell noch nicht, denn der könne nicht wirklich am Spiel teilhaben. Stattdessen sei seine Frau an der Reihe: „Die hat bei meinen Träumen mitgezogen, jetzt ist sie dran.“ Eki erwähnte außerdem seine zwei Kinder, die sich auch schon sehr sportbegeistert zeigten. Auf Handball festgelegt seien sie aber nicht. „Die sollen alles ausprobieren.“

Wir waren alle ehrlich begeistert von dem Interview und zogen danach schon ein kurzes Resümee. „Ich finde, er war sehr authentisch und nahbar“, urteilte Jana. Sina, eines unserer neuesten Mitglieder, lobte die Bodenständigkeit des Profis: „Obwohl er so bekannt ist, sind seine Vorbilder sein Papa und sein Opa.“ Jonas hob noch einmal das Sprachtalent des Schweden hervor: „Er hat erzählt, dass er in 3 Monaten Dänisch und in nur 8 Monaten Deutsch gelernt hat – Wahnsinn!“ Jonah wiederum beschreibt den Optimismus und Ehrgeiz des Handballers: „Sein Motto ist: Immer sein Bestes geben, das finde ich gut.“

Die lockere Art von Niclas Ekberg sorgte auch nach dem Interview dafür, dass wir mutig um zahlreiche Fotos und Autogramme bitten konnten. Auf wirklich allem wurde unterschrieben und die tollen Geschenktüten vom THW mit Autogrammkarten, Mannschaftsposter, Zebra-Magazin und THW-Socken boten viele Möglichkeiten für Signaturen und Gesprächsstoff. Geheime Quellen besagen, dass einige von uns die unterschriebenen Socken niemals waschen werden…
Bei Pommes, Currywurst und Bubbletea schwelgten wir abschließend in Erinnerungen und sind uns alle einig, was für ein tolles Erlebnis der Besuch beim THW Kiel war, wie sympathisch und bodenständig Niclas Ekberg auf uns wirkte und wie sehr wir uns über diesen Preis gefreut haben.

Die CARLCHEN-Redaktion